Privater Bauherr kann Architektenvertrag widerrufen!

1. Ein Architektenvertrag ist kein „Vertrag über den Bau von Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen“.
2. Ein zwischen einem privatem Bauherrn und einem Architekten außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Architektenvertrag kann vom Bauherrn innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden.

OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2017, Aktenzeichen: 16 U 153/16

Sachverhalt: Ein privater Bauherr überreichte dem Architekten in seinem Fahrzeug ein von ihm unterzeichnetes Vertragsformular, mit welchem der Architekt mit den Leistungsphasen 1 und 2 im Sinne von § 34 Abs. 3 HOAI 2013 beauftragt wurde. Weder war den Vertragsunterlagen eine Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen beigefügt, noch wurde eine solche dem privaten Bauherrn im Nachgang ausgehändigt. Nachdem der Architekt seine vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht hat, widerruft der private Bauherr den Architektenvertrag. Der Architekt stellt für seine Leistungen ein Honorar in Höhe von 5.962,44 € in Rechnung. Der Bauherr verweigert die Zahlung unter Verweis auf den Widerruf. Der Architekt klagt das Honorar ein. 

Entscheidung: Das Landgericht weist die Klage ab. Der Architekt verfolgt den Honoraranspruch mit seiner Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln weiter. Das Oberlandesgericht weist durch Beschluss darauf hin, dass es beabsichtigt die Berufung zurückzuweisen. Der private Bauherr habe den Architektenvertrag gemäß §§ 355, 312g Abs. 1 BGB wirksam widerrufen. Der Architektenvertrag sei zunächst außerhalb der Geschäftsräume des Architekten geschlossen worden. Die maßgebliche Vertragserklärung habe der private Bauherr in seinem Fahrzeug abgegeben, § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB. Weiter handele es sich um einen Verbrauchervertrag, also einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, § 310 Abs. 3 BGB. Daher stehe dem privaten Bauherrn nach §§ 355, 312g Abs. 1 BGB grundsätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht sei auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossen, da es sich bei einem Architektenvertrag nicht um einen Vertrag über den „Bau von Gebäuden oder erheblichen Umbaumaßnahmen“ gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB handele. Der Widerruf sei auch fristgerecht erfolgt. Die vierzehntägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB habe wegen der fehlenden Widerrufsbelehrung noch gar nicht begonnen, § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB. Weiter schulde der private Bauherr dem Architekten infolge des Widerrufs auch keinen Wertersatz nach § 357 Abs. 8 BGB. Voraussetzung hierfür sei, dass der Architekt den privaten Bauherrn ordnungsgemäß nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 3 EGBGB über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über die Pflicht zur Zahlung eines angemessenen Betrags für den Fall des Widerrufs informiert hätte. Diese Information müssten dem Verbraucher erteilt worden sein, bevor dieser von dem Architekt die Ausführung der Leistung verlangt. Der private Bauherr sei vorliegend nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden, weshalb ein Anspruch des Architekten auf Wertersatz nach § 357 Abs. 8 BGB ausgeschlossen sei.

Paxishinweis: Seit 13.06.2014 gelten neue Verbraucherrechte. Insbesondere die Widerrufsrechte für Verbraucher wurden erweitert und spielen nun auch bei Architektenverträgen, aber auch bei Bauverträgen, eine maßgebliche Rolle. Dennoch sind die „neuen“ Verbraucherschutzregelungen noch immer weitgehend unbekannt, zumindest werden sie häufig sträflich vernachlässigt. Insbesondere dann, wenn der Architektenvertrag mit einem privaten Bauherrn außerhalb der Geschäftsräume des Architekten geschlossen wurde, muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt. Fehlt es an einer Widerrufsbelehrung, beginnt die vierzehntägige Widerrufsfrist nicht zu laufen, mit der Folge, dass der private Bauherr den Architektenvertrag bis längstens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss widerrufen kann, § 356 Abs. 3 BGB. Selbst wenn der Architekt zu diesem Zeitpunkt seine Leistungen ordnungsgemäß erbracht hat, kann er im Falle des wirksamen Widerrufs kein Honorar oder Wertersatz verlangen. Dieses würde eine ordnungsgemäße Belehrung vor Beginn der Architektenleistung voraussetzen. Bereits gezahltes Honorar kann zurückgefordert werden.
Der Fall zeigt, dass Architekten sich bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen mit privaten Bauherren der Gefahr aussetzen, ihre Leistungen ohne Honorar zu erbringen. Dem kann mit wenig Aufwand durch Anpassung des Vertrags und Aushändigung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung begegnet werden. Für private Bauherrn bietet das „neue“ Verbraucherschutzrecht eine recht einfache Möglichkeit, sich Honorarforderungen eines Architekten folgenlos zu entziehen, wenn sie über ein bestehendes Widerrufsrecht nicht oder nicht richtig aufgeklärt wurden.