BGH: Verjährungsverlängerung im Formularmietvertrag unwirksam!

Die in einem vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrag enthaltene Bestimmung „Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache und Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in 12 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses.“ ist mit wesentlichen Grundgedanken des § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB unvereinbar und benachteiligt den Mieter deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

BGH, Urteil vom 08.11.2017, Aktenzeichen: VIII ZR 13/17

Sachverhalt: Wegen Beendigung eines Wohnraummietvertrages zum 31.12.2014 gab der Mieter die Wohnung bereits am 29.12.2014 an den Vermieter zurück. Der Vermieter nahm den Mieter wegen Beschädigungen an der Mietsache schließlich gerichtlich auf Zahlung von 16.315,77 € in Anspruch. Die Klage wurde am 25.06.2016 und somit vor Ablauf von sechs Monaten seit der Rückgabe der Mietsache eingereicht. Mit Schreiben vom 06.07.2015 forderte das zuständige Gericht den Vermieter zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses auf, damit die Klage an den Mieter zugestellt werden kann. Der Vermieter zahlte den Kostenvorschuss jedoch erst am 21.09.2015 bei Gericht ein, so dass die Klage dem Mieter erst am 01.10.2015 und somit mehr als neun Monate nach Rückgabe der Wohnung zugestellt wurde. Der beklagte Mieter berief sich gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf die gesetzliche Verjährungsvorschrift des § 548 BGB, der eine Verjährungsfrist von sechs Monaten für Schadensersatzansprüche des Vermieters vorsieht.
In § 24 des Mietvertrags war folgende Regelung enthalten: „Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache und Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in 12 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses.“ 

Entscheidung: Die Schadensersatzansprüche des Vermieters sind verjährt. Die Verjährungsfrist des § 548 BGB begann mit Rückgabe am 29.12.2014 zu laufen und endete mit Ablauf des 29.06.2015 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Eine Verjährungsfrist wird gemäß § 204 Abs.1 Nr.1 BGB durch Erhebung einer Klage grundsätzlich gehemmt, so dass sie nicht weiterläuft. Für die Erhebung der Klage ist grundsätzlich erforderlich, dass die Klage dem Beklagten innerhalb der Verjährungsfrist zugestellt wird. Eine Einreichung der Klage innerhalb der Verjährungsfrist reicht jedoch ebenfalls für die Hemmung der Verjährung aus, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird, § 167 ZPO. Da der Vermieter den vom Gericht mit Schreiben vom 06.07.2015 angeforderten Gerichtskostenvorschuss erst am 21.09.2015 eingezahlt hat, wurde die Klage erst am 01.10.2015 zugestellt. Diese Zustellung, die mehr als drei Monate nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgte, war nicht mehr „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO, so dass keine Hemmung der Verjährungsfrist eintrat.
Der Vermieter vertrat jedoch die Ansicht, dass er die Verjährungsfrist im Mietvertrag wirksam auf ein Jahr ab Mietende verlängert habe, so dass die Verjährung erst mit Ablauf des 31.12.2015 eingetreten sei und die Zustellung der Klage am 01.10.2015 die Verjährungsfrist gehemmt habe. Da es sich um einen Formularmietvertrag und somit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305ff. BGB handelte, unterzog der Bundesgerichtshof die Klausel mit der Verjährungsverlängerung einer Inhaltskontrolle und kam zu dem Ergebnis, dass die Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam sei. Es sei der gesetzgeberische Wille, dass die Anspruchsberechtigten wegen der drohenden baldigen Verjährung genötigt werden, ihre Ansprüche zeitnah geltend zu machen. Die Vorschriften über die Verjährung dienten öffentlichen Interessen und wiesen einen hohen Gerechtigkeitsgehalt auf, der im Rahmen der Inhaltskontrolle zu respektieren sei. Eine derartige Verlängerung der Verjährungsfrist für die Ansprüche des Vermieters sei nicht sachlich gerechtfertigt. § 24 des Mietvertrages sei nach dem BGH zudem deshalb unwirksam, weil er den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns für Ansprüche des Vermieters an das Mietende anknüpfe statt – wie die gesetzliche Regelung – an die Rückgabe.

Praxishinweis: Nach dem Urteil des BGH ist geklärt, dass eine Verlängerung der Verjährungsfristen zu Gunsten des Vermieters in einem Formularmietvertrag nicht möglich ist. Der Vermieter sollte sich kurzfristig darüber klar werden, ob er gegen den Mieter vorgehen will und seinen Anspruch dann ohne Zögern verfolgen.