Erlischt das Kündigungsrecht des Vermieters mit Ausgleich der rückständigen Miete?
1. Ist der Mieter mit einem zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Teil der Miete in Rückstand geraten, erlischt dieses Kündigungsrecht nur dann, wenn der Mieter den Rückstand vollständig vor Zugang der Kündigung ausgeglichen hat.
2. Auch eine Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB führt nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die gesamte fällige Miete und Nutzungsentschädigung spätestens zwei Monate nach Zustellung der Räumungsklage vollständig gezahlt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Zahlung verpflichtet.
BGH, Urteil vom 24.08.2016, Aktenzeichen: VIII ZR 261/15
Sachverhalt: Der Vermieter kann ein Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 3 BGB kündigen, wenn der Mieter mit Mietzahlungen in Höhe von zwei Monatsmieten in Rückstand ist. Durch Zahlungen des Mieters auf diesen Rückstand kann sich die Höhe der offenen Miete verringern. Sofern der Mieter Mieten nachzahlt, nachdem einmal ein Rückstand mit zwei Monatsmieten bestanden hat, stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt für das Kündigungsrecht abzustellen ist. Im konkreten Fall schuldete der Mieter dem Vermieter mehr als zwei Monatsmieten. Der Mieter zahlte nur einen Teil der Miete, weshalb der Vermieter im Juli 2014 wegen Zahlungsverzuges kündigte. Der Mieter rechnete mit vermeintlichen Ansprüchen auf Betriebs- und Heizkostenabrechnungen auf.
Entscheidung: Die Räumungsklage des Vermieters hatte Erfolg. Der BGH verweist auf die eindeutige Rechtslage, wonach es auf drei Stichtage ankommt: Zunächst muss festgestellt werden, ob der Tatbestand des § 543 Abs. 2 Ziff. 3 BGB erfüllt ist. Dazu müssen die dortigen Grenzen (eine Monatsmiete und ein Cent bei zwei aufeinanderfolgenden Terminen oder sonst zwei Monatsmieten) irgendwann einmal erreicht sein. Wenn das der Fall ist, ist der Vertrag kündbar. Der BGH hat entschieden, dass nicht darauf ankommt, dass dieser Rückstand zum Zeitpunkt der Kündigung noch in dieser Höhe besteht. Ein kündbarer Vertrag bleibt kündbar. Etwas anderes gilt gem. § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB nur dann, wenn der Mieter vor Zugang die gesamte rückständige miete beglichen hat. Wenn also einmal die Grenze des § 543 Abs. 2 Ziff. 3 BGB überschritten wurde, kann solange gekündigt werden, bis der Rückstand endgültig und vollständig bezahlt wurde.
Anders wäre dies bei der Aufrechnung. Diese kann vom Mieter auch noch unverzüglich nach Ausspruch der Kündigung erklärt werden, wenn er einen Gegenanspruch gegen den Vermieter hat, der mindestens so hoch ist, wie die Mietzinsforderung des Vermieters.
Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird eine außerordentlich fristlose Kündigung des Vermieters rückwirkend unwirksam, wenn der Mieter den rückständigen Mietzins bis spätestens zwei Monate nach Zugang einer Räumungsklage nachzahlt. Aber auch hier gilt, dass innerhalb der Frist der Rückstand mit allen fälligen Mieten/Nutzungsentschädigungen ausgeglichen sein muss. Der Zahlung gleichgestellt ist die Abgabe einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle, alle offenen Forderungen zu begleichen.
Praxishinweis: Mit diesem Urteil hat der BGH seine kaum bekannte Rechtsprechung aus dem Jahre 1971 bestätigt. Nicht entschieden hat der BGH die Frage, ob bei einer Zahlung nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB nur der in der Kündigung genannte Rückstand gezahlt werden muss oder auch eventuell weiterer, nicht zum Gegenstand der Kündigung gemachter, Rückstand (AG Dortmund, Urteil vom 18.05.2015, Aktenzeichen: 421 C 406/16).


