Ausnahme von der Mietpreisbremse: Wann liegt eine „umfassende Modernisierung“ vor?

1. Umfassend i.S.d. § 556f Satz 2 BGB ist eine Modernisierung nach der Gesetzesbegründung dann, wenn sie einen solchen Umfang aufweist, dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Damit ist bei einer umfassenden Modernisierung zum einen auf den Investitionsaufwand und zum anderen auf das Ergebnis der Maßnahme, also die qualitativen Auswirkungen auf die Gesamtwohnung abzustellen.
2. Ein wesentlicher Bauaufwand wird angenommen, wenn dieser ca. 1/3 des für eine Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht.

AG Schöneberg, Urteil vom 08.09.2017, Aktenzeichen: 17 C 148/16 (nicht rechtskräftig)

Sachverhalt: Die Mieter hatten sich im Mietvertrag verpflichtet, eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 1.199,00 € zu zahlen. Die Nettokaltmiete des Vormieters betrug „lediglich“ 485,00 € pro Monat. Die Mieter berufen sich auf die Regelungen der so genannten „Mietpreisbremse“ (§§ 556d ff. BGB). Danach darf die Miete in vom Gesetzgeber festgelegten Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen, maximal aber in Höhe der Miete des Vormieters vereinbart werden, wenn diese höher war. Die Mieter verlangten die Feststellung, dass die Nettokaltmiete lediglich 823,44 € beträgt sowie die Rückzahlung vermeintlich überzahlter Mieten für die Monate Juni bis November 2016 in Höhe von 2.253,36 € [(1.199,00 € – 823,44 € pro Monat) x 6 Monate]. Vor Mietbeginn wurden in der Wohnung Modernisierungsarbeiten durchgeführt. Die Vermieterin ist der Ansicht, dass die Vorschriften über die „Mietpreisbremse“ gemäß der Ausnahmevorschrift des § 556f Satz 2 BGB nicht anwendbar seien, da die Wohnung vor der Neuvermietung „umfassend modernisiert“ worden sei. Der Vermieter hatte Modernisierungskosten in Höhe von 44.463,58 € für die Wohnung aufgewendet, was einem Quadratmeterbetrag von 519,13 € entsprach. 

Entscheidung: Die Regelungen über die Mietpreisbremse sind gemäß § 557f Satz 2 BGB nicht anwendbar, so dass die Mieter weder einen Anspruch auf die Feststellung haben, dass die Miete nur 823,44 € beträgt, noch gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 812 BGB die Rückzahlung überzahlter Miete verlangen können. Vorliegend waren die §§ 556d, 556e BGB gemäß § 556f Satz 2 BGB nicht anwendbar, da die Vermietung an die Mieter die erste nach einer „umfassenden Modernisierung“ der Wohnung war. Nach der Gesetzesbegründung liegt dann eine „umfassende Modernisierung“ i.S.d. § 556f Satz 2 BGB vor, wenn sie einen wesentlichen Bauaufwand aufweist, so dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Bei der Frage der Gleichstellung kommt es auf den Investitionsaufwand und auf das Ergebnis der Maßnahme, also die qualitativen Auswirkungen, an. Ein wesentlicher Bauaufwand wird nach der bisher vorliegenden untergerichtlichen Rechtsprechung angenommen, wenn dieser ca. 1/3 des für einen Neubau erforderlichen Aufwands erreicht. Für das Jahr 2016 wies das Statistische Bundesamt durchschnittliche Baukosten in Höhe von 1.486,00 €/qm für Mietwohnungen in den neuen Bundesländern und Berlin aus. Dies bedeutet, dass die Vermieterin Modernisierungskosten von ca. 500 €/qm hätte aufwenden müssen, um eine umfassende Modernisierung vorzunehmen. Vorliegend hatte der Vermieter 519,13 € / qm aufgewendet, so dass selbst bei der Herausrechnung von möglichen Instandsetzungsarbeiten der für eine „umfassende Modernisierung“ erforderliche „wesentliche Bauaufwand“ vorgelegen hat.

Praxishinweis: Mieter, die sich auf die Mietpreisbremse berufen (wollen), sollten vorher überprüfen, ob die Wohnung vor ihrem Einzug „umfassend modernisiert“ wurde. Für Vermieter kann es wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, eine geplante Modernisierung mit einem erhöhten Aufwand auszuführen, so dass es sich um eine „umfassende Modernisierung“ handelt und sie bei einer anschließenden Neuvermietung nicht an die Vorschriften der Mietpreisbremse gebunden sind.