Ein Grundstückseigentümer kann auch für Schäden am Nachbargrundstück haften!

Ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker Reparaturarbeiten am Haus vornehmen lässt, ist als Störer i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB verantwortlich, wenn das Haus infolge der Arbeiten in Brand gerät und das Nachbargrundstück beschädigt wird. Dass der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde, ändert daran nichts.

BGH, Urteil vom 09.02.2018, Az.: V ZR 311/16

Sachverhalt: Der Eigentümer eines Doppelhauses beauftragte einen Dachdeckerbetrieb mit Reparaturarbeiten am Flachdach seines Hauses. Der beauftragte Dachdecker verursachte bei Vornahme der Arbeiten durch einen handwerklichen Fehler schuldhaft die Entstehung eines Glutnestes unter den von ihm aufgeschweißten Bahnen. Aus dem Glutnest entwickelte sich ein Feuer und das Haus brannte vollständig nieder. Durch das Feuer und die Löscharbeiten der Feuerwehr wurde das angrenzende Doppelhaus erheblich beschädigt. Die Haftpflichtversicherung des Nachbarn hat diesem den durch den Brand entstandenen Schaden ersetzt. Im Anschluss nahm die Versicherung jedoch den Eigentümer des abgebrannten Hauses und den von diesem beauftragten Handwerker aus dem auf sie übergegangenen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gerichtlich in Anspruch. Während des Gerichtsverfahrens fiel der Dackdeckerbetrieb in Insolvenz.

Entscheidung: Der Bundesgerichtshof sieht den Eigentümer – anders als die Vorinstanzen – als Störer i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB. Vorliegend gebe es Sachgründe, dem Grundstückseigentümer (oder -besitzer) die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Dies sei immer dann der Fall, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks eine Pflicht zur Verhinderung von Beeinträchtigungen („Sicherungspflicht“), ergebe. Hierbei komme es darauf an, ob der Grundstückseigentümer den gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurechenbar herbeigeführt hat. Als Kriterien für die Zurechnung nannte der BGH u.a. die Gefahrenbeherrschung, die Veranlassung und die Vorteilsziehung. Bei so genannten „natürlichen Immissionen“ sei entscheidend, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung halte und dies sei bei dem streitgegenständlichen Brandschaden nicht der Fall. Ein solcher Brandschaden stelle kein allgemeines Risiko – wie etwa ein Blitzschlag – dar. Der Bundesgerichtshof qualifizierte den Grundstückseigentümer als – mittelbaren – Handlungsstörer, da die Beeinträchtigung des Nachbarn adäquat kausal von ihm verursacht worden sei. Dabei entlaste es den Grundstückseigentümer auch nicht, dass er Handwerker sorgfältig ausgesucht hatte und es sich um einen ausgewiesenen Fachbetrieb handelte. Da der Grundstückseigentümer die Vornahme der Dacharbeiten veranlasst hatte und den Nutzen aus den beauftragten Arbeiten ziehen wollte, war die Störung durch den Brand seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen.

Praxishinweis: Der BGH hatte auch bereits in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen Sachgründe bejaht, die es rechtfertigen, einem Grundstückseigentümer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen; etwa wenn Wasser infolge eines Rohrbruchs auf ein Nachbargrundstück gelangt oder ein Haus infolge eines technischen Defekts von elektrischen Geräten in Brand gerät. Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, seinen Vertragspartner, den Handwerker, auch im Hinblick auf die notwendige Solvenz sorgfältig auszusuchen. Sofern der Dachdeckerbetrieb nicht in Insolvenz gefallen wäre, hätte der Grundstückseigentümer bei diesem Regress nehmen können.