Mängel an einer „Dach“ – Photovoltaikanlagen verjähren – grundsätzlich – in zwei Jahren! (Update)
BGH, Urteil vom 09.10.2013, Aktenzeichen: VIII ZR 318/12 und
BGH, Urteil vom 02.06.2016, Aktenzeichen: VII ZR 348/13
Sachverhalt: Der Käufer hatte vom Verkäufer im Jahr 2004 sämtliche Komponenten einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) erworben. Diese Anlage wurde in der Folgezeit auf dem Dach eines Gebäudes montiert und in Betrieb genommen. Im Jahr 2007 wurde ein selbständiges Beweisverfahren wegen Mängeln an der PV-Anlage eingeleitet, in dem Mängel an den PV-Modulen festgestellt wurden. Wegen der festgestellten Mängel nahm der Käufer den Verkäufer auf Schadensersatz in Anspruch. Der Verkäufer erhob daraufhin die Einrede der Verjährung. Fraglich war nun, ob die zweijährige Verjährungsfrist oder die fünfjährige Verjährungsfrist Anwendung findet.Entscheidung: Die Mängelansprüche verjähren nach dem BGH nicht in fünf, sondern gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren. Die fünfjährige Verjährung ist nur bei Bauwerken und Sachen, die entsprechend ihrer Verwendung üblicherweise für ein Bauwerk verwendet werden, anwendbar. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Ansprüche eines Werkunternehmers gegen einen Lieferanten handelt oder ob ein Käufer die Kaufsache selbst für ein Bauwerk verwendet und einbaut. Nach der Gesetzesbegründung ist ein Bauwerk eine unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Dies erfasst nicht nur neu hergestellte Sachen, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem Gebäude, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Sachen mit dem Gebäude fest verbunden sind. Die PV-Anlage ist daher mangels Verbindung mit dem Erdboden weder selbst ein Bauwerk, noch wird sie für ein Bauwerk verwendet. Ein Bauwerk ist allein das Gebäude, auf dessen Dach die Anlage montiert wurde. Die Anlage hat keinerlei Funktion für das Gebäude und ist daher nicht für ein Bauwerk verwendet worden. Die Anlage dient allein dem Zweck der Erzielung der Einspeisevergütung für den erzeugten Strom. Selbst wenn ein Teil des erzeugten Stroms der Energieversorgung des Gebäudes dienen sollte, liegt nur dann eine Verwendung für ein Bauwerk vor, wenn dies der Hauptzweck der Anlage und nicht die Erzielung der Einspeisevergütung wäre. Darüber hinaus ist durch Mängel an der PV-Anlage nicht zugleich die Mangelhaftigkeit des Gebäudes verursacht.
Praxishinweis: Die verblüffend einfache und schlüssige Argumentation des BGH beendet eine seit langem bestehende Rechtsunsicherheit zumindest für Dachanlagen. Für Freiflächenanlagen ist die Frage der Bauwerksqualität weiter ungeklärt. Das OLG Bamberg (IBR 2012, 390) hatte ein Bauwerk mit fünfjähriger Verjährung angenommen. Jedenfalls gelten die vom BGH aufgestellten Grundsätze sowohl im Kaufrecht gemäß § 438 BGB als auch im Werkvertragsrecht gemäß § 634a BGB. Die Zuordnung der Verträge über Lieferung und Montage von PV-Anlagen zum Kauf- oder Werkrecht ist für die Frage der Verjährung daher unerheblich.
Update: Die (lange) Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB von fünf Jahren für Arbeiten bei Bauwerken findet – in Abweichung zu dem vorgenannten Urteil aus dem Jahre 2013 – jedoch für die nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Tennishalle Anwendung, wenn (1.) die Photovoltaikanlage zur dauernden Nutzung fest eingebaut wird, (2.) der Einbau eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle darstellt, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist, und (3.) die Photovoltaikanlage der Tennishalle dient, indem sie eine Funktion für diese erfüllt. Eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage erfüllt eine Funktion für die Tennishalle, wenn die Tennishalle aufgrund einer Funktionserweiterung zusätzlich Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage sein soll. Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient.