Falscher Verteilerschlüssel ist kein formeller Mangel einer Nebenkostenabrechnung
Ob der Umlegungsschlüssel richtig ist, ob es sich also um die Gesamtfläche der Wirtschaftseinheit handelt oder nicht, ist eine Frage der Richtigkeit der Abrechnung, die der Mieter nach Einsichtnahme in die Belege beim Vermieter selbst zu prüfen hat.
LG Berlin, Beschluss vom 22.02.2016, Aktenzeichen: 65 T 207/15
Problem/Sachverhalt
Der Mieter machte die Rückzahlung geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2009 bis 2012 geltend. Die Vermieterin wurde daraufhin verurteilt, 622,60 € (11% der Klageforderung) zurückzuzahlen. Darüber hinaus hatte der Mieter die Zahlungsklage zurückgenommen bzw. für erledigt erklärt. Streitig waren nur noch die Kosten des Verfahrens; hierfür kam es auf die Frage an, ob die Vermieterin eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung erteilt hatte.
Entscheidung
Nach der Entscheidung des Landgerichts hat Vermieterin nur den auf die Verurteilung entfallenden Anteil (11%) der Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Vermieterin hatte innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs.3 BGB formell ordnungsgemäße Abrechnungen über die Betriebskosten erteilt, so dass der Mieter keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse hatte. Eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung liegt vor, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: 1. die Zusammenstellung der Gesamtkosten, 2. die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, 3. die Berechnung des Anteils des Mieters und 4.der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.
Die Angaben in der Betriebskostenabrechnung müssen es dem Mieter ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen (BGH, Urteil vom 06.05.2015, Aktenzeichen: VIII ZR 194/14). Diesen Anforderungen entsprachen die vorgelegten Abrechnungen für den Zeitraum 2009 bis 2013. Ihnen war insbesondere zu entnehmen, welcher Gesamtbetrag welcher Betriebskostenart mit welchem Umlegungsschlüssel umgelegt worden war und welcher Betrag sich für die Mieterwohnung daraus ergab. Der Umlegungsschlüssel ergab sich hier aus dem Verhältnis der Wohnfläche der Wohnung zur angegebenen Gesamtfläche. Bei derartig eindeutigen Umlegungsschlüsseln ist eine weitere Erläuterung nicht erforderlich.
Der BGH hat zwischenzeitlich mehrfach betont, dass an die Abrechnung von Nebenkosten in formeller Hinsicht keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. So muss in der Abrechnung nicht angegeben werden, dass bzw. ob die angegebene Gesamtfläche nur die Wohn- oder auch Gewerbeflächen der Abrechnungseinheit enthält. Ob der Umlegungsschlüssel richtig ist, ist eine Frage der materiellen Richtigkeit der Abrechnung, die der Mieter nach Einsichtnahme in die Belege beim Vermieter selbst zu prüfen hat. Dies gilt auch für die Frage, ob die angegebenen, verteilten Gesamtkosten tatsächlich die für die Abrechnungseinheit insgesamt angefallenen Kosten dieser Art darstellen oder ob der Vermieter hier vorweg Abzüge vorgenommen hat. Auch dies ist keine Frage der formellen Ordnungsgemäßheit der Abrechnung, sondern eine Frage ihrer materiellen Richtigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2016, Aktenzeichen: VIII ZR 93/15).
Praxishinweis
Dem Vermieter wird die Abrechnung in formeller Hinsicht (Bildung einer Wirtschaftseinheit; keine Erläuterungspflicht bei einfach zu verstehendem Kostenverteilerschlüssel) erleichtert; pauschales Bestreiten der Abrechnungswerte des Vermieters genügt nicht mehr.