Kurze Verjährung gilt auch für Ansprüche Dritter!

OLG Frankfurt, Urteil vom 04.03.2016, Aktenzeichen: 2 U 182/14 (nicht rechtskräftig)

1. Ein Mietvertrag über Gewerberäume entfaltet für die Eigentümer von Sachen, die sich zu Zwecken des Geschäftsbetriebs berechtigterweise in den Mieträumen befinden, eine Schutzwirkung, die eigene Schadensersatzansprüche dieser Dritten begründen kann.
2. Soweit zwischen den Dritten, in deren Eigentum die in die Mietsache eingebrachte Einrichtung stehen, und dem Mieter eine enge wirtschaftliche und persönliche Verflechtung besteht, ist für den Anspruch auf Wegnahme der eingebrachten Sachen durch die Dritten die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB entsprechend anwendbar.

Sachverhalt: Künstler A hatte in die seitens der B GmbH gemieteten Gastronomieräume eine Kunstinstallation in Form von 3.000 angebrachten Glühbirnen, Trennwänden und einer Vielzahl von Einzelobjekten eingebracht. Im Mietvertrag war geregelt, dass das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses vollständig geräumt zurückzugeben ist. Nach Beendigung des Mietverhältnisses schlossen die Parteien einen Räumungsvergleich, aus dem der Vermieter die Zwangsräumung einleitete. Im Vollstreckungsprotokoll räumte der Vermieter der Mieterin die Möglichkeit ein, alle eingebrachten Gegenstände innerhalb einer kurzen Frist aus den Räumen zu entfernen. Nach Ablauf von fünf Monaten ließ der Vermieter die Kunstinstallation aus den Räumen entfernen und gab sie teilweise an Dritte ab bzw. ließ sie vernichten. Die Gesellschafter der Mieterin klagen auf Schadensersatz wegen Zerstörung und Weitergabe der Kunstgegenstände in Höhe von 2,95 Mio. Euro.

Entscheidung: Das Gericht entscheidet, dass den Gesellschaftern als Dritte gegen den Vermieter ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen kann. Unabhängig vom Bestehen eines Anspruchs folgt das Gericht der Einrede der Verjährung im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Ein Schadensersatzanspruch der Gesellschafter – ihr Eigentum an der Kunstinstallation unterstellt – könnesich nach Auffassung des Gerichts aus dem Mietvertrag als einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ergeben. Bei dem Mietvertrag über die Gewerberäume handelt es sich um einen Vertrag, der für die durch Dritte eingebrachten Sachen, die dem Zweck des Geschäftsbetriebs dienen, eine Schutzwirkung entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 22. 10. 2008, Aktenzeichen: XII ZR 148/06). Unabhängig von dieser Klarstellung sieht das Gericht den Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach entsprechender Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB jedoch als gegeben. Der Anspruch des Mieters auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung gemäß § 539 Abs. 2 BGB verjährt nach § 548 Abs. 2 BGB in sechs Monaten. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der Kunstinstallation um eine Einrichtung iSd. § 539 Abs.2 BGB. Soweit Dritte ihre Ansprüche aus dem Schutzzweck des Mietvertrags herleiten, können diese Rechte nicht weiter gehen, als die des Mieters. Damit unterliegen die Ansprüche Dritter im Wege der analogen Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB der kurzen Verjährungsfrist, die für die Mieterin selbst zur Anwendung käme, damit die kurze Verjährungsfrist nicht unterlaufen wird.

Praxishinweis: Da das Einbringen von Einrichtungen Dritter in Gewerberäume nicht unüblich ist, sollte durch den Vermieter stets darauf geachtet werden, in wessen Eigentum die Einrichtungen stehen. Soweit Einrichtungen als auch Gegenstände im Eigentum Dritter stehen, ergeben sich nicht unerhebliche Nebenpflichten in Form von Sorgfaltspflichten. Für Dritte, die bei der Beendigung eines Mietverhältnisses Schadensersatzansprüche erlangen, gilt es, die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs.2 BGB von sechs Monaten zu beachten.