Ein Mieter kann sich nicht auf einen Schriftformverstoß berufen, der nur ihn begünstigt

Setzt der Vermieter eine in der Mietvertragsurkunde formwirksam getroffene Staffelmietvereinbarung im Verlaufe des Mietverhältnisses wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Mieters auf dessen Bitten hin zeitweilig formlos aus, kann sich der Mieter gegenüber dem Vermieter im Nachhinein nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Schriftform der Staffelmietvereinbarung durch die formlos getroffene Vereinbarung unheilbar verletzt worden sei. Ein etwaiger Schriftformverstoß ist gem. § 242 BGB wegen Unredlichkeit und fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses des Mieters im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter unbeachtlich.

LG Berlin, Beschluss vom 16.08.2016, Aktenzeichen: 67 S 209/16

Sachverhalt: Die klagende Vermieterin macht Mietzinszahlungsansprüche aus einer im Mietvertrag getroffenen Staffelmietzinsvereinbarung geltend. Die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung betreffend die Staffelmiete wird den Schriftformanforderungen der § 126 BGB gerecht. Die Mieter baten den Vermieter, wegen finanzieller Engpässe zwei Mietzinsstaffeln auszusetzen. Die Vermieterin entsprach dem Wunsch ausschließlich aus diesem Grund und setzte die beiden Staffeln aufgrund formlos geschlossener Vereinbarungen aus. Die Mieter berufen sich nach Ablauf der Aussetzung der Mietzinsstaffel hinsichtlich der nun geltend gemachten erhöhten Miete auf eine Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung. Diese sei nur wirksam, wenn sie der Schriftform entspreche. Die nicht der Form des § 126 BGB entsprechende Aussetzung der Staffelvereinbarung habe zur Unwirksamkeit der ganzen Staffelmietzinsvereinbarung geführt.

Entscheidung: Der Vermieter konnte auf die Einhaltung der Schriftform verzichten, da nur solche Staffelmietvereinbarungen gemäß § 557a Abs. 1 Halbs. 1 BGB unwirksam sind, die zum Nachteil des Mieters von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Ein zeitweiser formloser Verzicht des Vermieters auf ihm zustehende Ansprüche aus einer schriftlichen Staffelmietvereinbarung ist für den Mieter hingegen von Vorteil. Zudem kann der Mieter nach dem Beschluss des Landgerichts dem Zahlungsanspruch der Vermieterin die formlos getroffenen nachträglichen Vereinbarungen schon deswegen nicht mit Erfolg entgegenhalten, da die Geltendmachung eines Formverstoßes  gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich und deshalb unbeachtlich ist. Die Tatsache, dass die Mieter die auf ihre Bitte und zu ihren Gunsten geübte Nachsicht zum Anlass nehmen, sich gegen die Formwirksamkeit der im Mietvertrag getroffenen Staffelmietvereinbarung zu wenden, ist widersprüchlich und unredlich. Zudem entbehren die Mieter auch eines schutzwürdigen Eigeninteresses.

Praxishinweis: Die Entscheidung zeigt zum einen, dass die Einhaltung der Schriftform im Mietrecht – nicht nur im Gewerberaummietrecht – von elementarer Bedeutung ist und ein Entgegenkommen des Vermieters häufig nicht honoriert wird. Diese Entscheidung zeigt aber auch, dass der Grundsatz von Treu und Glauben in Ausnahmefällen eine Entscheidung gegen den Wortlaut einer Vorschrift rechtfertigen kann. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof zu Verstößen gegen die Schriftform der §§ 550, 126 BGB bei Gewerberaummietverträgen entschieden. Auch hier wurde dem Mieter die Berufung auf einen Schriftformverstoß versagt, wenn die formlose Regelung ausschließlich zu seinen Gunsten abgeschlossen worden war.